Aktuell Programm Filmvorführung

Central Asian Moving Image Screening
von: DAVRA

kuratiert von: Aïda Adilbek

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Mit 8 erweiterte portraits präsentiert der Kunstverein für Mecklenburg und Vorpommern in Schwerin eine Ausstellung, die das Werk der österreichischen Fotografin Cora Pongracz (1943–2003) in den Mittelpunkt stellt. Durch das Medium der Fotografie eröffnen Pongracz’ Arbeiten einen Dialog über Identität und diversitätssensible Repräsentation. Um die Bedeutung und das Potenzial von Pongracz’ künstlerischem Schaffen im Kontext heutiger gesellschaftlicher Diskurse zu reflektieren, ist eine Reihe von zeitgenössischen Künstler:innen eingeladen, im Verlauf der Ausstellung durch eigene fotografische Arbeiten, Texte, Performances und andere Formen kritischer Intervention auf Pongracz’ Werk zu reagieren und dieses in Beziehung zu setzen.

Für die Tage des Exils kuratiert das Kollektiv DAVRA ein dialogisches Filmprogramm, das sich mit Exil sowohl in Bezug auf Flucht, Verfolgung und Vertreibung als auch als Erfahrung des Verlusts eines ideologisch-kulturellen Bezugsrahmens auseinandersetzt. Das Filmprogramm greift damit auch einen wichtigen Aspekt von Cora Pongracz’ biografischer Erfahrung auf. Aufgrund der jüdischen Herkunft ihrer Mutter musste die ursprünglich aus Wien stammende Familie Pongracz ins Exil nach Argentinien fliehen und konnte erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nach Europa zurückkehren. Auch die eigene Exilerfahrung – Cora Pongracz wurde 1943 in Buenos Aires geboren – bildet somit einen prägenden, in die künstlerische Arbeit eingeschriebenen Kontext. 

Das Kollektiv DAVRA arbeitet aus einer feministisch-dekolonialen Perspektive an der Erforschung, Dokumentation und Weitergabe zentralasiatischer Kultur und Wissen und richtet sich gegen koloniale Aneignungen wie (post)sowjetische Fremdinterpretationen. In diesem Zusammenhang deutet der Begriffshorizont von Exil sowohl auf Flucht, Verfolgung und Vertreibung, als auch auf Erfahrungen des Verlustes eines ideologisch kulturellen Bezugsrahmens. Der Zerfall der UdSSR führte zur Herausbildung neuer Nationalstaaten und zugleich zu Gefühlen von „Heimatlosigkeit im eigenen Land“. Ein ähnliches Moment findet sich in der DDR-Geschichte: Auch in Ostdeutschland bedeutete der politische Umbruch für viele Menschen den Wegfall eines vertrauten gesellschaftlichen Referenzsystems. 

Die Auswahl von fünf Kurzfilmen aus Zentralasien, realisiert von Künstler:innen unterschiedlicher Hintergründe, versteht das Motiv des Exils weniger als einen geografischen Zustand, sondern vielmehr als eine Form psychologischer Distanzierung oder innerer Isolation in Zeiten des Wandels. Jeder Film zeigt – ähnlich wie Cora Pongracz’ Porträts – einen vielschichtigen Blick auf die Lebensrealitäten einer Region, ihre spezifischen Orte ebenso wie auf die Hintergründe der Künstler:innen selbst und die vielfältigen Rollen von Frauen im sich stetig transformierenden Kontext Zentralasiens. Es sind vielschichtige, kontemplative Auseinandersetzungen mit gesellschaftlichen Zuschreibungen und tradierten Rollenbildern, in denen die Künstler:innen diese Strukturen hinterfragen, Geschichte und Brauchtum neu verhandeln, tradierte Bildsprachen überschreiben und nach Momenten der Befreiung suchen. Gerade in dieser Verflechtung von Geschlechterpolitik, ökologischen Fragestellungen und politischen Spannungsfeldern veranschaulichen die Filme die komplexe Realität, Geschichte und Gegenwart Zentralasiens.

Künstlerische & Kaufmännische Leitung

Hendrike Nagel

Assistenz- & Programmkuratorin

Luisa Kleemann

Kuratorische Assistenz

Emma Roy

Biografie

Die Mission DAVRAs besteht darin, die zentralasiatische Kunstszene systematisch zu vernetzen und weiterzuentwickeln, indem der dynamische Austausch von Erfahrungen und Wissen innerhalb der Region gefördert wird. Der Forschungsschwerpunkt des Kollektivs liegt hierbei auf der Untersuchung Zentralasiens aus gegenwärtiger Perspektive sowie auf der kritischen Neubestimmung seiner kulturellen und künstlerischen Ausdrucksformen. DAVRA wurde 2021 von Saodat Ismailova als Erweiterung ihres Projekts „Chilltan“ für die documenta fifteen initiiert und ist seither sowohl in Zentralasien als auch international aktiv. Im Rahmen der documenta fifteen organisierte DAVRA ein 41-tägiges öffentliches Sommerprogramm, das in Zentralasien fortgeführt wurde. Seit 2023 kuratiert DAVRA eine Reihe zentralasiatischer Video- und Filmvorführungen, die unter anderem im Eye Museum (Niederlande), im Centre Pompidou (Frankreich) und beim goEast23 Filmfestival (Deutschland) präsentiert wurden, um unterschiedliche künstlerische und gesellschaftliche Positionen sichtbar zu machen, die für die Region von Relevanz sind.

Agenda

Förderer

Das Vermittlungs- und Rahmenprogramm des Kunstvereins wird gefördert durch:

Im Rahmen der Tage des Exils (Körber Stiftung)

Kunstverein für Mecklenburg und Vorpommern in Schwerin