Aktuell Ausstellung

Cora Pongracz

8 erweiterte portraits

Leere Ausstellungsräume mit hohen weißen Wänden, braunen Trennwänden und einer Holztür im Hintergrund.
Drei braune, schlichte Trennwände, an einer Wand ein kleines schwarz-weißes Foto.
Ausstellungsansicht mit brauner Wand und braunem Podest, auf dem mehrere schwarz-weiße Fotografien liegen, im Hintergrund eine schwarz-weiße Fotografie an der Wand und eine Holztür rechts.
Ausstellungsansicht mit zwei schwarz-weißen Fotografien auf braunen Wänden und einer braunen Ablagefläche.
Schwarz-weiße Porträtfotografie einer sitzenden Person mit lockigem Haar, an einer braunen Wand im einem Ausstellungsraum.
Ausstellungsansicht mit sechs schwarz-weißen Fotografien auf braunen Stellwänden, zwei hängen seitlich, vier liegen flach auf einer Ablage.
Zwei schwarz-weiße Fotografien liegen auf einer braunen Tischplatte, eine zeigt eine Person mit Kamera, die andere ein Gitter oder Zaun.
Schwarz-weiß Foto einer Person an einer Wand und ein weiteres Foto auf einer Tischplatte in einer Ausstellung.
Ausstellungsansicht mit fünf schwarz-weißen Fotografien an einer braunen Trennwand und einer weiteren Fotografie auf einer angrenzenden Wand.
Ausstellungsansicht mit braunen Stellwänden, auf denen mehrere schwarz-weiße Fotografien hängen, und einem großen Fenster im Hintergrund.
Sieben schwarz-weiße Fotografien hängen an einer braunen Stellwand in einem hellen Ausstellungsraum mit grünem Türrahmen und großen Fenstern.
Zwei schwarz-weiße Fotografien an einer braunen Wand, jeweils mit einer sitzenden Person in unterschiedlichen Posen.
Drei schwarz-weiße Fotografien hängen an einer braunen Wand. Links ist ein verwittertes Gebäude mit Bäumen zu sehen, in der Mitte eine Person mit Hund auf einem Feld, rechts eine steinerne Treppe im Schatten.
Sieben schwarz-weiße Fotografien in zwei Reihen an einer braunen Wand in einer Ausstellung.
Sieben schwarz-weiße Fotografien an einer Wand: Porträts von zwei Frauen, ein Schminktisch mit Spiegel, ein Kirchengebäude, eine Person mit erhobenem Arm, eine Schmuckschatulle und eine Statue mit erhobenem Arm.
Raum mit weißen Wänden und grauem Boden, darin mehrere braune Stellwände, an einer sind vier schwarz-weiße Fotografien in zwei Reihen angebracht.
Sechs schwarz-weiße Fotografien hängen an einer braunen Trennwand in einer Ausstellung, im Hintergrund große Fenster und weitere Trennwände.
Sieben schwarz-weiße Fotografien hängen an einer braunen Wand, zeigen Porträts und Stadtansichten in einer Ausstellung.
Ausstellungsansicht mit braunen Stellwänden, auf denen vier schwarz-weiße Fotografien hängen, und mehreren schwarz-weißen Fotografien auf einer Ablage.
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Ausstellungstext

Im Dialog mit:
Seiichi Furuya, Deva Schubert, Marietta Mavrokordatou, DAVRA, Paul Niedermayer, Claudia de la Torre

Mit 8 erweiterte portraits präsentiert der Kunstverein für Mecklenburg und Vorpommern in Schwerin eine Ausstellung, die das Werk der österreichischen Fotografin Cora Pongracz (1943–2003) in den Mittelpunkt stellt. Durch das Medium der Fotografie eröffnen Pongracz’ Arbeiten einen Dialog über Identität und diversitätssensible Repräsentationspolitiken. Für die Ausstellung in Schwerin – die erste umfassende institutionelle Präsentation von Cora Pongracz’ Fotografien außerhalb Österreichs – wird eine ihrer bedeutendsten Werkgruppen, die Serie 8 erweiterte portraits, 1974, erstmals in ihrer Gesamtheit gezeigt. Um die Bedeutung und das Potenzial von Pongracz’ künstlerischem Schaffen im Kontext heutiger gesellschaftlicher Diskurse zu reflektieren, ist eine Reihe von zeitgenössischen Künstler:innen eingeladen, im Verlauf der Ausstellung durch eigene fotografische Arbeiten, Texte, Performances und andere Formen kritischer Intervention auf Pongracz’ Werk zu reagieren und dieses in Beziehung zu setzen.

Cora Pongracz wurde 1943 in Buenos Aires geboren. Aufgrund der jüdischen Herkunft ihrer Mutter musste die ursprünglich aus Wien stammende Familie Pongracz ins Exil nach Argentinien fliehen und konnte erst Ende der 1940er-Jahre nach Europa zurückkehren – zunächst nach England, dann nach Österreich und später nach Deutschland. Dort erhielt Cora Pongracz auch ihre fotografische Ausbildung. In der Nähe von Frankfurt am Main besuchte sie die private Fotoschule von Marta Hoepffner (1962–1963), anschließend studierte sie an der Bayerischen Staatslehranstalt für Photographie in München (1963–1964). Ihre Studienzeit fiel damit in die gesellschaftlichen Umbrüche der 1960er-Jahre. Diese erlebte sie zunächst in München und später in London, wo sie mit verschiedenen (Jugend-)Bewegungen in Kontakt kam, die als Nachkriegsgeneration gegen die etablierten Autoritäten und Wertesysteme aufbegehrten. Dazu zählte auch die Antipsychiatrie-Bewegung. 1968 kehrte Cora Pongracz schließlich nach Wien zurück, wo sie – verheiratet mit dem Dichter und Essayisten Reinhard Priessnitz – in der dortigen Kunstszene, insbesondere der Wiener Avantgarde, Anschluss fand.

Regionale Bekanntheit erlangte Pongracz vor allem als Dokumentaristin der Aktionen der überwiegend männlichen Protagonisten des Wiener Aktionismus. Abseits dieser Dokumentationsaufträge fand ihr eigenes künstlerisches Schaffen jedoch lange Zeit nur wenig Sichtbarkeit. Um ihren Lebensunterhalt und ein gewisses Maß an Unabhängigkeit zu sichern, übernahm Cora Pongracz regelmäßig auch Aufträge für Zeitungen, Magazine sowie Reiseliteratur. Dies geschah trotz, oder vielleicht gerade wegen, der autor:innenfotografischen Prägung ihrer Ausbildung, die sowohl vom künstlerischen Selbstverständnis der Subjektiven Fotografie als auch von der humanistischen Ausrichtung der Life-Fotografie beeinflusst war.

Die multiperspektivische Vielseitigkeit von Cora Pongracz’ Praxis zeigt sich auch innerhalb ihrer einzelnen Arbeiten. Obwohl viele ihrer Fotografien vor allem dem Genre des Porträts aber auch der Reportage zugeordnet werden könnten, verfolgt Pongracz mit ihrer künstlerischen Herangehensweise eine bewusste Erweiterung dieser klassischen Aufgaben und kanonischen Kategorien fotografischer Repräsentation. Ihren Arbeiten liegt vielmehr der Zweifel an institutioneller Autorität und dem paradigmatischen Glauben zugrunde, dass eine Person „eindeutig“ repräsentiert werden könnte – institutionell oder fotografisch. Entsprechend richtet sie ihren Blick wiederholt auf spezifische soziokulturelle Umfelder, ohne dabei auf eine Fixierung von Identität abzuzielen. Vielmehr wird Identität in ihrem Werk nicht als abgeschlossener Container, sondern als relationales Beziehungsgefüge sichtbar und produktiv gemacht. Ihre Fotografien vermitteln dabei insbesondere auch die Umstände ihres Zustandekommens, da Pongracz den Aufnahmeakt als kommunikative Handlung verstand, die weit über die Grenzen des Bildformats hinausweist – hinein in Gesellschaft, Psychologie und Politik.

Über die Jahre ihres Schaffens hinweg entwickelte Cora Pongracz eine eigene fotografische Formsprache, die diese gesellschaftspolitischen Fragestellungen dezidiert aufgriff. Ein prägnantes Merkmal ihrer Aufnahmen ist dabei die Vorliebe für transitorische Momente: Anstatt markante Posen im Bild festzusetzen, bevorzugt sie Augenblicke des Übergangs und der Bewegung. Wichtige Aspekte ihrer kritischen Strategie der Hinterfragung sind dabei Ausschnitt, Wiederholung, Perspektive und Standort. Als Ausdrucksform eines feministisch informierten Blickwinkels lässt sich Pongracz’ fotografisches Vorgehen als medienreflexive Übersetzung beschreiben, durch die die Bedingungen fotografischen Darstellens auf ihre Grenzen und Anwendbarkeit hin überprüft werden.

Sehr deutlich zeigt sich dies in ihren konzeptuellen Serien, die Dispositive von Identität und Performativität reflektieren, etwa im Hinblick auf Geschlechterrollen im Spannungsfeld von Religion und Politik, sowie geprägt durch Cora Pongracz’ eigenen Lebensweg, auch in Bezug auf Fragen psychischer Verfasstheit und Inklusion. Dazu zählt die 56-teilige Serie 8 erweiterte portraits, 1974, in der innerhalb von acht Porträts jeweils zwei Aufnahmen der ausgewählten Frauen mit fünf assoziierten Motiven kombiniert werden. Die Entscheidungen für diese assoziativen Erweiterungen stammen von den Porträtierten selbst, die damit ihre Lieblingsorte, Familienmitglieder, Gegenstände oder Unternehmungen von individueller Bedeutung ins Bild brachten und sich aneigneten – gefiltert durch Blick und Apparat der Fotografin. Die acht Frauen der Serie werden dabei bewusst nicht namentlich genannt, als bekannte Persönlichkeiten der damaligen Wiener Kunstszene sind sie jedoch identifizierbar. Mit dialogischen Arbeiten wie diesen überträgt Pongracz programmatisch die vermeintlich auktoriale Instanz an die porträtierten Frauen und unterläuft damit die tradierte Dreiecksbeziehung von Kamera, „Modell“ und Fotograf:in sowie die diskursive Fixierung der gesellschaftlichen Position der Frau auf die Sphäre des Privaten. 8 erweiterte portraits, 1974, wie auch Pongracz’ Gesamtwerk, liegt eine durchweg diversitätsoffene und intersektionale – und damit grundlegend antifaschistische – Haltung zugrunde, dessen Relevanz heute ebenso groß ist wie zu ihrer Entstehungszeit.

*Verweis und weiterführende Informationen: Marie Röbl; Peter Coeln (Hgg.), Cora Pongracz. Das fotografische Werk, Wien 2016.

Künstlerische & Kaufmännische Leitung

Hendrike Nagel

Assistenz- & Programmkuratorin

Luisa Kleemann

Material

Biografie

Zu Lebzeiten waren Cora Pongracz’ Arbeiten in der Galerie im Taxispalais, Innsbruck, in der Galerie nächst St. Stephan, Wien, im Museum des 20. Jahrhunderts, Wien, in der Neuen Galerie Linz und Graz, in der Gang-Galerie im Rathaus, Graz, in der Galerie H (humanic), Graz, in der Galerie IntAkt im Griechenbeisl, Wien, im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck, bei Molotov, Wien, in der Fotogalerie Wien, in der Galerie Fotohof, Salzburg, in der Secession, Wien, in der Galerie H.S. Steine, Wien, bei Camera Austria, Wien, im Kunstverein Ludwigsburg, im Maimonides-Zentrum, Wien, im Rupertinum, Salzburg, in der Galerie Steinek, Wien, in der Halle Steiner, Wien, sowie in der Kunsthalle Krems zu sehen.

Posthum wurden ihre Fotografien in der Gabriele Senn Galerie, Wien, im 21er Haus, Wien, in der Fotogalerie OstLicht, Wien, in der Maxwell Graham Gallery, New York, in der Wschód Gallery, New York, im Goldsmiths Centre for Contemporary Art, London, sowie auf der Zürich Biennale präsentiert. Ihr Nachlass wird von der Fotogalerie OstLicht verwaltet. Seit 2023 repräsentiert auch die Maxwell Graham Gallery Arbeiten Pongracz’. 2000 wurde Cora Pongracz mit dem Österreichischen Würdigungspreis für Fotografie ausgezeichnet.

Agenda

Rezensionen

Förderer

Mit freundlicher Unterstützung:

Kunstverein für Mecklenburg und Vorpommern in Schwerin